2007 - Berlin - Aero Club Nürnberg

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Aeroclub Fly-In nach Berlin Tempelhof 2007

Fliegen für Tempelhof, das war das Motto unseres Herbstausfluges nach Berlin am 15.und 16. September. Nur 4 Wochen vorher hatte die AOPA-Germany und die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (ICAT) zu einem "Fly-In" zur Erhaltung des traditionellen Stadtflughafens aufgerufen. Bekanntlich hat der Berliner Senat mit seiner rot-roten Mehrheit und die Flughafengesellschaft (aller Berliner Flughäfen) beschlossen, Tempelhof am 31.10.2008 dicht zu machen. Man braucht schließlich Geld für den neuen Großflughafen BBI und noch viel mehr für die marode Stadtkasse. Und Tempelhof ist ja so ein schönes Gelände mit 300 Hektar mitten in der Bundeshauptstadt!

Was zunächst nach "mission impossible" klang, entwickelte sich bald zu dem größten Flugereignis für den berühmten Stadtflughafen nach der legendären Berliner Luftbrücke 1948/49, auf jeden Fall was die Anzahl der Starts und Landungen pro Stunde an einem Tag betrifft. Und der Aeroclub-Nürnberg war mit dem größten "Geschwader" dabei !

Nach kurzem briefing am Samstagmorgen im Clubheim, das Wetter auf der Strecke war für beide Tage "Oskar" und besser prognostiziert, allerdings teilweise mit stark böigen Winden aus Nord-Ost ging es los. Die "KP" mit Jürgen Weich , Wolf und Peter startete als Erster und "ACN-Aufklärer" mit Direktkurs EDDI. Auf Grund der vorgegebenen slots in Tempelhof folgten dann wir, d.h. Peter Graeßel als Captain, sowie Jörg und Holger mit der neuen CK. Wir hatten allerdings eine Zwischenlandung in Altenburg-Nobitz zum Pilotenwechsel geplant, ein einsamer ehemaliger Militärflugplatz südlich von Leipzig mit 2200 m Bahnlänge, 45 m breit, sollte eigentlich kein Problem sein - dachten wir! Gleiches Zwischenziel hatte auch die folgende "KI" mit Jürgen Advic , Bernd Mehl mit Ehefrau als Bordstewardess. Es wurde allerdings berichtet, dass das Servieren einer warmen Mahlzeit an Bord nebst auserlesener fränkischer Weine wegen der starken Winde eingestellt wurde. Was als Routinezwischenlandung geplant war, entpuppte sich als wahre Herausforderung für unseren Captain: drehende Winde im Endanflug von 300° auf 115° bei ca.15 Knoten- gekreuzte Ruder am Anschlag - Durchstarten (soll man ja immer wieder üben!), aber dann doch noch gutes "happy landing". Die anschließenden 100 Stufen in die luftige Höhe des Towers zur Begleichung der moderaten Landegebühren haben auch nicht gerade zur Beruhigung des Pulses beigetragen. Die "KI" hatte dafür den Wind im Endteil voll auf der Nase, wir dachten als Beobachter schon , sie bleibt in der Luft stehen, es war aber nur eine sehr, sehr kurze Landung.

Weiter ging es an der Kontrollzone Leipzig vorbei direkt zum ersten Pflichtmeldepunkt "Whiskey1". Schon der Funkverkehr, zunächst noch München Info, dann Bremen, ließ erahnen, was da auf uns zukommt. Man hatte den Eindruck, halb Deutschland und einige EDDI-Sympatisanten sogar aus Österreich, der Schweiz und England! machen sich auf nach Tempelhof. Dem entsprechend war dann auch der Flugverkehr südlich von Whiskey 1, bis zu 5 Flugzeuge zogen gleichzeitig ihre Warteschleifen unterhalb 2500 Fuß. Doch die EDDI -Towercrew hatte alles wörtlich unter Kontrolle, es ging streng nach der Regel "first in- first out", und dies im 2 Minuten Takt. Nach Aufruf ging es dann entlang dem Teltow- Kanal über Whiskey 2 ohne Hektik in den Gegenanflug zur weiteren Landung auf der 27L. Parallel wurde auch auf der 27 R gelandet! Der Anflug im Endteil war zwar nicht so "bockig" wie in Altenburg, aber dennoch unter vollem Einsatz der "gekreuzten Ruder" .Schon am Boden, forderte der Tower uns noch zu einer langen Landung auf. Unsere Antwort "D-EACK schon gelandet" wurde mit einem freundlichen "Entschuldigung und Willkommen in Tempelhof" quittiert.

Auf der riesigen betonierten östlichen Abstellfläche waren bereits über 50 Maschinen geparkt. .m Nachmittag wurden offiziell 102 gezählt, an beiden Tagen waren es über 180!. Das Tanken dauerte zwar etwas lange, man hatte wohl doch nicht so einen Ansturm erwartet. Dafür war der Empfang auf dem Vorfeld, bei GAT und Polizei ausgesprochen herzlich und zuvorkommend. Die Flughafenpolizei stellte den anreisenden Crews sogar ihren Verhörraum auf der Wache als Gepäckaufbewahrung zur Verfügung. Man merkte schon, dass unser Engagement zur Erhaltung des Flughafens (und der Arbeitsplätze) honoriert wird.

Die Podiumsdiskussion zur Erhaltung des Flughafens war mit ca. 200 Teilnehmern aus Piloten, Presse, Politik, Flughafengesellschaft und Besuchern gut besucht und lebhaft. Während die Vertreterin der "Grünen" ihr Konzept zur weiteren Nutzung des riesigen Geländes vorstellte (Golfplatz, autofreies Wohnen, Funpark), sie stellte sich immerhin der Diskussion, glänzten die Vertreter des "roten Berliner Senats" durch Abwesenheit.

Im Anschluss gab es für alle Fly-In Teilnehmer noch eine Stadtrundfahrt bei schönstem Wetter und dann die Abschlusslandung im brasilianischen Restaurant Rodicio am "Kudamm". Die Stimmung war super, nicht nur am großen ACN -Tisch und wurde auch noch durch rassige Samba Tänzerinnen angeheizt, dies als Spezialeinlage für unseren Geburtstägler Bernd. Das "all you can eat" Menu konnten viele allerdings nicht vollständig auskosten, schließlich haben unsere Club-Flugzeuge nur eine begrenzte Zuladung!

Die Berliner Zeitungen berichteten bereits am Sonntag ausführlich und positiv über das Fly-In. Jetzt wird noch ein Volksbegehren über das weitere Schicksal von Tempelhof entscheiden. 170.000 Unterschriften pro werden benötigt und die sollten lt. ICAT leicht zu bekommen sein.

Als krönenden Abschluss vor dem Heimflug am Sonntag gab es für alle Fly-In Teilnehmer noch eine Führung durch den gesamten Gebäudekomplex, einschließlich der alten Luftschutzbunker. Mittlerweile war auch Lothar Ermer mit Sohn und "Co" Alfred Jennewein mit der "KP" eingeflogen, die zunächst noch wegen technischer Probleme in Neustadt repariert werden musste. So waren bis auf die "OR" Schulungsmaschine alle in Berlin!

Die Besichtigung des historischen Denkmals Tempelhof zeigt allerdings auch die Problematik einer zukünftigen Nutzung: wer soll die 284.000 qm des flächengrößten Gebäudes der Welt nutzen? Viele bisherige Mieter hat man bereits mit günstigeren Mieten von Tempelhof nach Schönefeld abgeworben, dem zukünftigen Berliner Großflughafen BBI. Interessant ist dennoch, dass der Großteil der Berliner, einschließlich vieler Anlieger, für die Erhaltung des City-Flughafens votiert. Der Volksentscheid wird zeigen, ob die Entscheidung des Senats und der Flughafengesellschaft noch zu kippen ist.

Nach Zahlung von 72 EUR für Landung und 24 Stunden parken (man zahlt grundsätzlich für min.6 t), ging es am frühen Nachmittag nonstop in 2h20min zurück nach Nürnberg, die "KU" erhielt sogar die Genehmigung über Oskar auszufliegen und noch einen Stadtrundflug zu machen.

Beim anschließenden debriefing im Aeroclub-Casino waren wir uns alle einig: es war ein wunderbarer Ausflug - Berlin ist einen Flug wert - und Tempelhof muss erhalten bleiben !

Jörg Tischer

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