2010 - Kapstadt - Aero Club Nürnberg

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Von Kapstadt zum Etosha Nationalpark

Auf Nordkurs der Sonne entgegen


Musik für Fliegerohren ist der Sound des Sechszylinder-Lycoming in unserer Piper. Vor knapp drei Stunden sind wir in Stellenbosch, einem Flugplatz wenige Kilometer östlich von Kapstadt auf der 19 gestartet. Stellenbosch ist unter der Woche trotz regem Verkehr „unmaned“, das heißt, die Piloten koordinieren ihre Flugbewegungen direkt untereinander. Nach dem Start ging es erst einmal unterhalb des C-Luftraums von Kapstadt über das Weingebiet nach Norden. Ab Citrusdal war steigen angesagt, denn die Cederberg Kette mit ihren 7000ern ist zu überfliegen. Jetzt wechselt unter uns die Landschaft vom trockenen Boesmanland ins grüne Tal des Oranje.

Von Upington Tower habe ich schon die Freigabe zum Einflug in die Rechtsplatzrunde für die 17 und lande auf der 4.900 m langen Piste. Das Flughafengebäude von Upington wird gerade erweitert und modernisiert. Wie auch andernorts in Südafrika wirft die kommende Fußballweltmeisterschaft ihre Schatten voraus.

Wir wollen hier nicht bleiben. Zweck des Stopps ist einmal Sprit bunkern, die Tankmöglichkeiten in den Weiten Südafrikas und Namibias sind nämlich rar. Zum anderen erfolgt hier die Ausreise nach Namibia mit Grenzpolizei und Zoll. Bei der telefonischen Flugplanaufgabe kommt die obligatorische Frage nach der Notfallausrüstung. Ja, genügend Trinkwasser, Notproviant und Signalstreifen haben wir an Bord.

Nach dem Start können wir auf direktem Kurs nach Keetmanhoop gehen, unseren heutigen Etappenziel. Unter uns ziehen die Ausläufer der Kalahari durch, einer Landschaft, die an ein zu Sand gewordenes Meer mit weiten Wellen erinnert. Danach überfliegen wir die Groot Karasberge. Für den Funkkontakt zu Windhoek Information sind wir wahrscheinlich zu niedrig und Keetmanshoop antwortet nicht. Also wird der Flughafen nach über anderthalb Stunden Flugzeit nach den Unmaned-Regularien angeflogen. Am Boden erfahren wir, dass der Tower nicht besetzt ist und die Tankstelle ist auch geschlossen. Aus der Stadt kommen Grenzpolizei und Zoll zu den Einreiseformalitäten. Den Rest des Spätnachmittags nutzen wir zu einer Tour zum Köcherbaumwald und einem Leopardengehege.

An nächsten Vormittag starten wir auf der 04 in Richtung Windhoek Eros. Das Landesinnere von Namibia ist eine Hochebene und entsprechend hoch liegen auch die Flugplätze. Mit 3.500 ft ist Keetmanshoop noch relativ moderat, aber Windhoek mit seinen 5.600 ft ist da an warmen Tagen schon eine Herausforderung. Auf dem Weg nach Windhoek haben wir blauen Himmel mit vielleicht 2/8 Bewölkung. Weil im Süden der Stadt die Berge bis auf 8.000 ft ansteigen, fliege ich den Platz von Westen an. Nach dem Tanken, der Flugplanaufgabe und einer kleinen Kaffeepause wollen wir noch mit dem Taxi für eine Stunde in die Stadt. Gerade als wir ins Taxi steigen wollen, hören wir dumpfes Donnergrollen. Der Himmel über uns ist zwar noch teilweise blau, doch in den Bergen am Südrand des Platzes hat sich ein Gewitter eingenistet.

Windhoek, Christuskirche - dahinter "Tintenpalast", ehemalige Kolonialverwaltung

Flucht nach Norden zur Naua Naua Lodge

Das Taxi wird weggeschickt und wir eilen zur Maschine. Beim Rausrollen zum Start kommt die Frage vom Controller, ob wir mit Weight and Ballance im Limit wären. Sind wir! Er konnte aus dem Flugplan nur die PA 28 mit 4 Personen an Bord erkennen. Wir fliegen aber eine PA 28-235 und sind im grünen Bereich. In Windhoek ist man in diesem Punkt sehr sensibel geworden, seit es Unfälle auch wegen Überladens gegeben hat. Der Start auf der 01 verläuft übrigens problemlos. Nach weniger als der Hälfte der knapp 2 km langen Bahn sind wir in der Luft. Der Abflug geht dann direkt über die Stadt. Die Gewitterzelle lassen wir hinter uns. In einigen Tagen werden wir in der deutschsprachigen Zeitung in Swakopmund lesen, dass es an diesem Nachmittag in Windhoek so geschüttet hat, dass es zu einigen Verkehrsunfällen gekommen ist.

Aber noch sind wir nicht ganz aus dem Schneider. Schon nach 15 Minuten ist der blaue Himmel verschwunden und nach einer weiteren Viertelstunde hat uns der erste Regenschauer. Es sind glücklicherweise lokale Schauer, so dass man zwischendurch oder dran vorbei kommt. Nach gut eineinhalb Stunden, das Wetter ist wieder besser geworden, finden wir die Lodge. Zwei Vollkreise darüber signalisieren, dass wir am etwa 2 km entfernten Strip abgeholt werden wollen. Nach einem tiefen Überflug zur Besichtigung und zum Wild verscheuchen gibt es die erste Landung auf einer Gravelpiste bei dieser Tour. Während wir noch das Gepäck ausladen, kommt schon Daniela mit dem offenen Toyota und holt uns ab. Am Spätnachmittag erleben wir hautnah die Fütterung der vier Geparden direkt am Futterplatz ohne Zwischenzaun und lassen danach den Tag bei einem Sundowner ausklingen. Am Weg zurück zur Lodge setzt auch hier Regen ein, der bis Mitternacht anhält.

Naua Naua Lodge

Naua Naua Lodge, Abholservice am Airstrip

Am nächsten Tage geht die erste Etappe über die Etoshapfanne ostwärts nach Tsumeb. Über diesen Nationalpark muss man eine Mindesthöhe von 3.000 ft einhalten. In Tsumeb gibt es Sprit, nur den brauchen wir, ansonsten hält uns in der Minenstadt nichts. Wir fliegen gleich weiter zum Strip der Mokuti Lodge, wo uns Rafael abholt und zur Aoba Lodge fährt. Hier treffen wir meinen Freund Peter, von dem ich in früheren Jahren schon mehrfach Flugzeuge gechartert hatte. Den Nachmittag verbringen wir am Pool und brechen abends noch zu einem Sundowner auf.

Sehr früh geht es am nächsten Tag los. Wir gehen im offenen Toyota auf Pirschfahrt. Die Zufahrt in den Etoshapark erfolgt durch das Namutoni Tor, ein ehemaliges Fort aus deutscher Kolonialzeit. Wildtiere sieht man eigentlich auch auf den Lodgen und deren Umgebung. Aber an den Wasserlöchern im Park ist die Wilddichte natürlich viel größer. Von Elefanten über Giraffen, Löwen, der ganzen Palette der Gazellenarten bis zu den Zebras und Warzenschweinen ist alles vertreten. Erst gegen Mittag haben wir uns satt gesehen. Das Gepäck haben wir dabei, so kann uns Rafael direkt an das Flugzeug bringen.

Wasserloch in der Ethosha

Die heutige Flug zur Waterberg Wilderness Lodge wir nur etwa eine Stunde dauern. Die Route führt direkt über das Waterberg Plateau, an dessen Südrand die Lodge liegt. Nach einem Turn über der Lodge landen wir auf der Sandpiste. Es ist Frühling und die Jakaranda-Bäume blühen. Diese blaue Blütenpracht ist ein herrlicher Kontrast zu den rostroten Felsen der Umgebung. Auf dem Gelände der Lodge gibt es auch zwei Spitzmaulnashörner. Bei der nachmittäglichen Pirschfahrt bekommen wir sie nicht zu sehen. Aber des Nachts haben sie unser Flugzeug in Augenschein genommen. Die Fährten rund um die Maschine sind eindeutig.

Anflug auf den Airstrip Waterberg Wilderness Lodge

Swakopmund, Altes Amtsgericht

Weiter geht es mit Südwestkurs an die Küste nach Swakopmund. Schon aus über 20 Meilen Entfernung sehen wir einen weißen Streifen am Horizont. Auf diese Distanz kann man doch unmöglich die Brandung des Atlantiks sehen, denke ich mir noch. Stimmt! Als wir näher kommen, löst sich das Rätsel. Es ist der für diese Zeit typische Seenebel, der weit in das Land hineinwabert. Die Untergrenze ist hoch genug, so dass wir problemlos darunter schlüpfen können. Swakopmund ist immer noch von der deutschen Kolonialzeit geprägt, hat sich aber in den letzten Jahren durch die nahen Minen rasant weiter entwickelt. Es ist für uns Ausgangspunkt zu einer erlebnisreichen Bootstour in der Bucht von Walvisbai zu den Delphinen und Robben.

Über die Namib Wüste zum Fish River Canyon


Nach zwei Tagen hält uns nichts mehr in Swakopmund. Die Rostock Ritz Lodge ist das nächste Ziel. Unter uns ziehen die zerklüfteten Ausläufer des Khomas Hochlands durch. Nach einer Stunde taucht die Lodge auf. Ein Überflug über die Lodge, eine sanfte Landung auf der Gravelpiste und schon kommt der Toyota angebraust. Mensch was willst du mehr? Einen Willkommendrink, Entspannen am Pool, Unterhaltung mit meinen Mitfliegern Marga, Elvira und Herbert sowie Ablenkung durch die halbzahme Zebrastute Maja. Am Pool will ich einen Teller retten, an dem Maja rumknabbert. Zuerst zeigt sie mir die Zähne, dann das Hinterteil. Höchste Zeit zum Reißaus nehmen!

Mit einem Flug nach Sesriem beginnt die Tagestour in die Namib Wüste zum Sossusvlei und Dead Vlei. Von Sesriem aus fahren wir mit dem Auto an die 60 km westwärts in die Namib, bestaunen die Pflanzen und Tiere, die hier noch leben können und besteigen die Düne Big Mama. Bei der Fahrt auf den letzten wenigen Kilometern, dort gibt es nur noch eine Sandpiste, bleibt unser Fahrer trotz Allrad sogar noch hängen. Erst ein kräftiges Luftablassen aus den Reifen macht uns wieder flott.

In der Namib, Dead Vlei

Über der Namib

Ein Flug quer über die Namib mit Südwestkurs bringt uns nach Lüderitz. Erstens brauchen wir wieder Sprit und zweitens wollen wir uns neben der Stadt natürlich auch Kolmanskop anschauen, den Ort 10 km weiter östlich, an dem 1908 der Diamantenboom begann und die edlen Steine ganz einfach vom Boden aufgelesen wurden. Der Ort liegt zwar im Diamantensperrgebiet, kann aber besichtigt werden.

Beim Weiterflug am nächsten Tag gilt unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich dem Fish River Canyon. Die Fishriver Lodge liegt direkt am Canyon Rand und bietet einen sagenhaften Ausblick. Die wunderschöne Lage hat aber auch eine unruhige Nacht gebracht. Der auffrischende Südostwind bricht sich an der Geländekante und verfängt sich zusätzlich in den Dächern unserer Chalets. Man hat den Eindruck, dass es extrem stürmt, obwohl nur ein mittlerer Wind bläst. Unsere Gedanken wandern immer wieder zum abgestellten Flugzeug draußen am Rande der Gravelpiste.

Voll Wehmut treten wir am nächsten Tag den Rückflug nach Kapstadt an. Es wird ein sehr langer Tag. Die erste Etappe nach Keetmanshoop zur Ausreise aus Namibia führt anfangs noch den Fish River entlang. Die zweite nach Upington zur Einreise nach Südafrika und zum Sprit bunkern kennen wir ja schon. Die dritte wird aber etwas abgewandelt. Zwar geht es bis etwa 50 km nördlich Kapstadt auf derselben Route zurück, auf der wir hergekommen sind, dann fliegen wir aber an die Atlantik Küste. Wir kommen nun direkt von Norden an den Westrand von Kapstadt mit der Waterfront und den Fußballstadion für die Weltmeisterschaft.

Kapstadt Waterfront und Faußballstadion

Entlang der Westküste geht es südwärts zum Kap der guten Hoffnung. Wir haben Südostwind, der über den Bergen der Halbinsel verwirbelt und uns ganz schön beutelt. Auf dem Weg zurück werden wir im Lee des Tafelberges mächtig geschüttelt. Mein Versuch, für den Durchflug durch den Luftraum von Kapstadt das GPS neu einzustellen schlägt fehl. Ich bin mit meinem Finger wohl an eine Taste gekommen, an die ich nicht sollte. Das angebotene neue Ziel liegt 5085 Meilen im Norden. Vergiss es! Ich komme bei guten Sichten auch so durch die Kontrollzone. Wegen eines gerade startenden Jumbos verpasst mir der Lotse noch einen Threesixty, ehe ich die Landebahn nach Osten queren darf. Nun verabschiede ich mich und lande kurz danach wieder „unmaned“ in Stellenbosch.

Kap der guten Hoffnung

Gerhard Obernosterer / Fotos: Herbert Grosser, Gerhard Obernosterer

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